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Presse - Musical Fever

Presse: Bericht Neue Luzerner Zeitung

29.02.2000

Kantonsschule: Musikalisch hoch begabte Schüler komponieren ein Musical

Orwells "Animal Farm" liegt am Alpenquai in Luzern

Die Kantonsschule Luzern will besondere Fähigkeiten der Schüler fördern. Diese Fähigkeiten werden bald die ganze Schule erfreuen.

Die Tiere auf einer englischen Farm sind unzufrieden mit ihrem Bauern, der sie schlecht behandelt. Sie beschliessen, ihre Geschicke selber in die Hand zu nehmen und feuern den Bauern. Von den Freuden und Leiden bei diesem Unterfangen berichtet der englische Autor George Orwell in seiner berühmten, 1944 entstandenen Fabel «Animal Farm».
«Als alt Achtundsechziger liebe ich dieses Buch», erzählt Christian Friedli, Musiklehrer an der Kantonsschule Alpenquai. «Ich hatte schon länger die Idee, diese Geschichte für ein Musical zu gebrauchen.» Also warf er das Buch seinen Schülerinnen aufs Pult mit der Frage, ob sie Lust hätten, dazu ein Musical zu komponieren. Und die Schülerinnen hatten Lust.

Schwerpunktfach Musik

Bei nur zwei Wochenstunden Musik ist ein solches Unterfangen natürlich schwierig zu verwirklichen. Seit eineinhalb Jahren gibt es nun an der Kanti Alpenquai aber eine neue Maturitätsanerkennungsregelung. Hinter diesem Unwort versteckt sich eine intelligent konzipierte Begabtenförderung. In der zweiten Klasse müssen sich die Schüler entscheiden, welches Schwerpunktfach sie belegen wollen. Dieses Fach besuchen sie zwei oder drei Stunden pro Woche zusätzlich zum allgemeinen Unterricht bis zum Ende der Kanti. In diesen spezialisierteren Gruppen können Dinge entstehen, die in der «normalen» Schulstunde keine Chance haben. Wie zum Beispiel ein Musical zur Aufführung bringen.

Im jetzigen Jahrgang hat es nur sechs Schülerinnen im Schwerpunktfach Musik, alle aus der Klasse 4Ld. «Im nächsten Jahrgang wird es auch Schüler haben», zerstreut Friedli Zweifel an der Musikalität der Männer.

Sechs Komponistinnen

Die sechs Schülerinnen haben es in sich. Sie präsentieren bei unserem Probenbesuch einige Stücke, und die tönen alles andere als hausbacken. Raya Krähenbühl, so etwas wie der Kopf der sechs, bekundet Mühe, für die Musik eine Schublade zu finden: «Es kommen viele Stile vor.» Was bei sechs Musikerinnen nicht weiter erstaunt. «Einflüsse aus Pop, Jazz bis zum klassischen Musical sind in "Animal Farm" enthalten.»
Christian Friedli hat sich grösstenteils herausgehalten und das Komponieren den Schülerinnen überlassen. Gelegentlich zügelte er sie etwas, dem Bogen des Gesamtmusicals zuliebe, oder gab Anregungen. «Keine Note habe ich hier gestrichen oder ergänzt», sagt er zu «Kandiszucker», einem Lied, das für den Traum der Tiere auf der Farm steht. Ein sehr schönes Lied. Sehr hübsch auch das Flirtlied von Patricia Rüttimann, in dem ein eitles Pferd mit dem Nachbarbauern flirtet, weil ihm das freie Leben zu anstrengend scheint.

Der Kuss der Muse

«Ein Musical zu komponieren, ist ideal, um Musiktheorie zu vermitteln», erklärt Friedli anhand Raya Krähenbühls Hymne «Tiere Englands». Weil sie eine Hymne brauchten, habe er im Unterricht gleich einen allgemeinen Einschub zu Hymnen gemacht: «Die ganze Harmonielehre hängt in einem Musical drin.» Die Schülerinnen wenden das Gelernte gleich an, dadurch wird es automatisch lebendig.
Theorie im Griff hin oder her, der Kuss der Muse ist nötig, damit zu guter Letzt ein gutes Lied entsteht. Wo aber wird man geküsst? «Eine Idee, ein Thema kommt mir einfach in den Sinn, dann beginne ich, sie im Kopf zu variieren», sagt Patricia Rüttimann. «Das kann im Bus oder beim Warten auf denselben geschehen.» Aramea Müller meint hingegen, dass ihr die Ideen während des Herumklimperns auf dem Klavier kommen. «Irgendwann finde ich eine Melodie, die mir eben gefällt und die mir passend zum Thema scheint.» «Animal Farm» ist nicht das erste Musical der Klasse 4Ld. Schon letztes Jahr kam ein Musical zur Aufführung: «Götterspektakel». «Damals machten wir alles selber», sagt Fabienne Fischer. Neben der Musik also auch das Libretto, den Text. «Es ging um die Emanzipation der Frauen in der Götterwelt», schmunzelt Melanie Willimann. Den Text schrieb heuer Lorenz Ulrich, der sich vom Klassenkameraden zum Intendanten gemausert hat und in den höchsten Tönen gelobt wird.

Aufführung am 24. März

Die Kompositionen sind bis auf Kleinigkeiten gemacht, die Theaterproben sind angelaufen, und die Requisiten sind im Bau. In der Aula ist Rea Spörri daran, sich Notizen zu den Tanzschritten zu machen. «Wird´s da nicht etwas eng auf der Bühne?», diskutiert sie mit einer Kollegin. Schwierige Frage, die wir ihr aber getrost überlassen können. Am 24. März ist die Premiere, und bis dann wird sie sie gewiss gelöst haben.
(Lukas Bachmann)